Nam Mo A Di Da Phat und einen schönen guten Tag,
ich wurde gebeten, eine Art Bericht über den eben vergangen Meditationsretreat zu verfassen. Gerne nutze ich diesen Anlass, um zum einen meine Erlebnisse zu schildern und zum anderen, meine Hochachtung zu versichern.
Die Tage waren lang und letztendlich doch zu kurz. Erst gestern sind wir um halb 0 Uhr vom Klausurzentrum aus abgefahren, nach Hause. Gegen 3 Uhr nachts waren wir angekommen, und um 3:30 Uhr war es üblich, zumindest in den letzten 10 Tagen, aufzustehen, um um 4 Uhr den Tag mit der ersten Meditationsrunde zu starten. Daran war ich schon gewöhnt, und konnte deshalb nicht mehr lange schlafen… Nun, zunächst muss ich sagen, dass ich mich wirklich nicht beklagen kann, obwohl es insgesamt teilweise sehr anstrengend war, genau genommen der anstrengendste Retreat, den ich jemals mitgemacht habe. Doch gerade diese Anstrengung brachte mir u.a. mehr Disziplin, mehr Ausdauer und auch mehr Geduld bei. All diese drei Dinge waren bei mir vorher fast wie nicht vorhanden. Nun habe ich endlich den Samen eingesetzt. Ich muss ihn nur noch regemäßig begießen.
Und auch trotz der Tatsache, dass ich als einziger junger Mensch teilgenommen habe, hat es mir sehr gefallen. Ich kam mit dem Wissen, dass ich zum ersten Mal alleine für mich da sein werde, es wird mich niemand groß ablenken können. Es war, als ob mich eine innere Kraft gepusht hätte, die sagt “du musst das jetzt durchziehen. Diese Chance ist eine Art Privileg. Die musst du nutzen.”
Vor allem den einzigen Unterricht am Tag empfand ich als erstens mehr als lehrreich und zweitens viele meiner Gedanken bestätigend, weshalb ich keine Minute davon verpasst habe. Mir ist bewusst, dass ich viel zu oft nicht mit der Masse denke, sondern eigene Überlegungen mit den Erfahrungen, die ich tagein tagaus mache, kombiniere, um mir eine Meinung bilden zu können. Eine, welche ich tatsächlich vertreten kann – auch, wenn viele Menschen, hier meine ich hauptsächlich solche, welche der vietnamesischen ‘buddhistischen’ Gemeinschaft angehören, sie nicht akzeptieren, weil sie mich nicht verstehen. Weil ich keine Glatze habe und mich Mönch oder Nonne nennen kann. Wie kann ich da Recht haben? Wer bin ich, was habe ich schon zu sagen? Nun, ich habe gelernt, darum geht es ja auch nicht. Entweder, man versteht, oder man versteht nicht. Richtig? Hauptsache, niemals vergessen: “Wenn sich Milch und Wasser vermischen, muss man diese beiden Elemente trennen können.”
Die Meditation selbst hab ich nicht nur beim Sitzen ausgeübt, sondern beständig, wann immer es ging. Natürlich kann ich mich noch lange nicht als Meditationsprofi bezeichnen, bloß weil ich einen zehntätigen Crash-Kurs genossen habe… Doch solange ich nicht aufgebe und den Glauben nicht verliere, dann wird sich mit Sicherheit ein Erfolg abzeichnen – einen, den man nicht nur nach Außen hin sieht, sondern auch von Innen. Das Ziel der Meditation ist schließlich das Erkennen des eigenen Geistes. Das, was wir als “ICH” bezeichnen dürfen. Sobald man ihn klar vor sich hat, kann man damit kooperieren.
Zusammenfassend war das Sitzen die ersten zwei Tage eine Qual. Nicht nur die Beine machten Drama bis hin zu Kopfschmerzen, auch der Rücken, der nie gerade sein wollte, die Schultern, die sich verspannten, die Atmung, welche viel zu unregelmäßig war und natürlich die rasenden Gedanken, die einfach nicht zur Ruhe kommen wollten. Doch ich habe auch kein Wunder erwartet. Mir wurde beigebracht, ich muss nur alles beobachten – beobachten heißt jedoch weder mitlaufen, noch komplett auslöschen – und mit der Zeit ginge es aufwärts; das stimmte auch. Die Schmerzen verblassten langsam, das Sitzen fiel immer leichter, bis irgendwann nichts mehr weh tat, bzw. ich kam eindeutig besser damit klar. Auch die Atmung beruhigte sich, parallel zu den immer deutlicheren Gedanken.
Nicht zuletzt war die Umgebung ein wichtiger Punkt, der zur Ruhe beigetragen hat. Die Landschaft ist fantastisch, es gibt einfach nichts, außer Natur und einen Haufen Spinnen und bis auf die 5 Ordinierten noch vier kluge Hunde mit Charakter, die kann man fast als kleine Kinder ansehen. An diesem Punkt muss ich sagen, dass ich eines bereue: Ich habe die frische, kalte Luft des Gebirges nicht oft genug bewusst genossen.
Ein Abschlusswort, ebenfalls entnommen aus dem Unterricht:
“Ihr vergesst doch sowieso, was ich hier erzählt habe, wenn ihr es überhaupt verstanden – und zwar TATSÄCHLICH verstanden – habt, und praktiziert nicht.” Darüber muss ich immer noch schmunzeln. Entschuldige, ehrwürdiger Thay Hanh Tan, aber nicht mit mir! 🙂
Ich danke der Nonne fürs Kochen, denn ohne sie wäre ich irgendwie verhungert und natürlich allen restlichen Mitglieder des Amitayus für all die Erfahrungen, die ich in der kurzen Zeit machen durfte.
Mit der Hoffnung, dass sie mich weiterhin auch außerhalb des Zentrums im stressigen Leben prägen, verbleibe ich mich freundlichen Grüßen
Thien Nghiem