Rat von Atisha
Übersetzt ins Englisch durch Geshe Wangyal
Übersetzt ins Vietnamesisch durch Upasaka Thien Nghiem
Einmal wurde Atisha von seinen Schülern gefragt,
“Was ist die höchste Lehre vom Pfad?”
Atisha antwortete:
“Die höchste Fähigkeit liegt in der Verwirklichung der Ichlosigkeit.
Die höchste Vornehmheit liegt im Überwinden eurer eigenen Geist.
Die höchste Vorzüglichkeit ist, einen Verstand zu besitzen, welcher sich darum bemüht, anderen zu helfen.
Der höchste Grundsatz ist beständige Achtsamkeit.
Das höchste Heilmittel liegt im Verständnis der Leerheit aller Dinge.
Die höchste Tätigkeit soll sich nicht nach weltlichen Sorgen richten.
Die höchste Ausführung ist die Minderung und Umwandlung der Leidenschaften.
Das höchste Geben wird in der Nicht-Bindung/Anhaftung gefunden.
Die höchste moralische Praxis ist ein friedliches Gemüt.
Die höchste Geduld ist Bescheidenheit.
Die höchste Anstrengung ist, Verhaftung an Tätigkeiten aufzugeben.
Die höchste Meditation ist ein Verstand ohne Überheblichkeit.
Der höchste Weisheit ist, nicht alles zu erfassen, wie es erscheint.”
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Beim Verlassen der Westprovinz von Nari gab Atisha seinen versammelten Schülern die folgenden Abschieds-Ratschläge:
“Freunde, bis ihr die Erleuchtung erlangt habt, wird der geistliche Lehrer gebraucht; deshalb richtet euch nach dem heiligen, geistlichen Lehrer. Bis ihr die Natur der Leere vollkommen begreift, müsst ihr auf die Lehren horchen; deshalb hört genau auf die Vorgaben des Lehrers. Das bloße Verstehen von Dharma ist nicht genug, um erleuchtet zu werden, ihr müsst ständig praktizieren.”
“Geht weit weg von jedem Ort, der für eure Praxis schädlich ist; bleibt immer an dem Ort, der für eure Tugend förderlich ist. Aufruhr ist schädlich, bis ihr ein unerschütterliches Gemüt erlangt; bleibt daher an einem isolierten Ort. Verzichtet auf Freunde, welche eure fesselnden Leidenschaften erhöhen; verlasst euch auf Freunde, welche euch zur Vermehrung von Tugend bringen. Behaltet das im Gedächtnis. Es gibt nie ein Ende von Aufgaben oder Dinge, die zu tun sind, also beschränkt eure Tätigkeiten. Widmet eurer Tugend Tag und Nacht, und seid immer achtsam.”
“Sobald ihr den Grundsatz des Lehrers in Kraft habt, solltet ihr immer darüber meditieren und in Harmonie mit seiner Rede handeln. Wenn ihr das mit großer Bescheidenheit tut, werden die Wirkungen ohne Verzögerung erscheinen. Wenn ihr gemäß dem Dharma von den Tiefen eures Herzens handeln, werden sowohl Nahrung, als auch Notwendigkeiten auf natürliche Weise kommen.”
“Freunde, es gibt keine Befriedigung in den Dingen, die ihr begehrt. Es ist so, als ob ihr Meereswasser trinkt, um euren Durst zu stillen. Seid deshalb zufrieden. Schafft alle Formen von Überheblichkeit, Stolz und Eitelkeit ab; seid kleinlaut und friedlich. Gebt alles auf, was manche “Tugend” nennen, aber in Wirklichkeit ein Hindernis zur Praxis von Dharma ist. Als ob sie Steine auf einem schmalen, schlüpfrigen Pfad wären, solltet ihr alle Vorstellungen von Ausbeute und Ansehen aus dem Weg räumen, weil sie das Tau des Teufels sind. Wie Rotze in eurer Nase, pustet alle Gedanken von Ruhm und Lob aus, weil sie nur dazu dienen, zu betrügen und zu täuschen.”
“Wie das Glück, sind Vergnügen und Freunde, die ihr angesammelt habt, von der Dauer eines Moments, dreht ihnen den Rücken zu. Zukünftiges Leben ist länger als dieses Leben, also sichert vorsichtig euren Schatz der Tugend, um für die Zukunft zu sorgen. Ihr lasst alles zurück, wenn ihr sterbt; seid nicht an alles befestigt.”
“Lasst das Verachten und Verurteilen von anderen weg und erzeugt einen mitfühlenden Verstand bei denjenigen, die eure Untergeordneten sind. Habt keine starke Anhaftung an euren Freunden und diskriminiert nicht eure Feinde. Ohne eifersüchtig und neidisch auf die guten Qualitäten anderer zu sein, nehmt mit Bescheidenheit jene guten Qualitäten selbst auf. Plagt euch nicht mit der Untersuchung von Fehlern anderer, aber untersucht eure eigenen Fehler. Reinigt euch selbst von ihnen, wie schlechtes Blut. Auch solltet ihr euch nicht auf eure eigenen Tugenden konzentrieren; respektiert sie lieber, wie es ein Diener tun würde. Erweitert Barmherzigkeit gegenüber allen Wesen, als ob sie eure eigenen Kinder wären.”
“Habt immer ein lächelndes Gesicht und eine liebevolle Denkweise. Sprecht ehrlich und ohne Zorn. Wenn ihr angeht, viele sinnlose Dinge zu sagen, werdet ihr Fehler machen; sp sprecht in Maßen. Wenn ihr viele sinnlose Dinge macht, wird eure vortreffliche Arbeit nachlassen; gebt Aktionen/Handlungen auf, welche nicht religiös sind. Es ist unnütz, sich in unwesentlicher Arbeit anzustrengen. Denn was auch immer euch geschieht, kommt als Ergebnis eures Karmas von vor langer Zeit, Ergebnisse passen nie zu euren gegenwärtigen Wünschen. Daher, bleibt ruhig. ”
“Leider ist es viel besser zu sterben, als einer heiligen Person Scham herbeizuführen; ihr solltet deshalb immer aufrichtig und ohne Täuschung sein. All das Elend und Glück dieses Lebens entsteht aus dem Karma von diesem und der vorherigen Leben; Gebt nicht anderen die Schuld für eure Situationen.”
“Bis ihr euch selbst unterwerft, könnt ihr nicht andere unterwerfen; unterwerft euch deshalb zuerst selbst. Da ihr außer Stande seid, andere ohne Hellseherei reifen zu lassen, strengt euch groß an, um Hellsehen zu erreichen.”
“Ihr werdet sicher sterben, beliebigen Reichtum, den ihr angesammelt habt, zurücklassend, also passt auf, keine Verunreinigungen aufgrund von Reichtum zu sammeln. Da ablenkende Freuden ohne Substanz sind, schmückt euch selbst mit der Tugend des Gebens. Behaltet immerzu reine moralische Praxis, weil es wunderschön ist in diesem Leben und Glück in zukünftigen Leben sichert. Zieht in diesem Zeitalter des Kaliyuga, wo Hass zügellos ist, die Rüstung der Geduld an, welche Wut aufhebt. Wir verbleiben in der Welt durch die Macht der Faulheit; so müssen wir das Bestreben von Erfolg anzünden wie ein großes Feuer. Von Augenblick zu Augenblick wird euer Leben vergeudet, geführt von dem Köder weltlicher Tätigkeiten; es ist an der Zeit, zu meditieren. Weil ihr unter dem Einfluss von falschen Ansichten seid, begreift ihr die natürliche Leerheit nicht. Sucht eifrig die Bedeutung der Realität!”
“Freunde, Samsara ist ein riesengroßer Sumpf, in dem es kein echtes Glück gibt; eilt zum Ort der Befreiung. Meditiert gemäß dem Grundsatz des Lehrers und trocknet den Fluss des samsarischen Elends aus. Behaltet das immerzu im Gedächtnis. Hört gut auf diesen Rat, welcher nicht nur aus bloßen Worten besteht, sondern direkt aus meinem Herzen kommt. Wenn ihr diese Grundsätze befolgt, macht ihr nicht nur mich glücklich, sondern euch selbst und alle anderen ebenso. Obwohl ich unwissend bin, setze ich euch unter Druck, euch diese Worte zu merken.”
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Ein anderes Mal verkündete Atisha:
“Diese Kalyuga ist nicht die Zeit, eure Fähigkeit zu zeigen; es ist die Zeit, durch Elend zu präservieren. Es ist nicht die Zeit, eine hohe Position einzunehmen, sondern die Zeit, bescheiden zu sein. Es ist nicht die Zeit, sich auf Begleiter, sondern die Zeit, sich auf die Isolation zu verlassen. Noch ist es an der Zeit, Schüler zu unterwerfen; es ist Zeit, dich selbst zu unterwerfen. Es ist nicht die Zeit, Worten lediglich zuzuhören, sondern die Zeit, ihre Bedeutung zu betrachten. Noch ist es Zeit, hier und da besichtigen zu gehen; es ist Zeit, alleine zu bleiben.”
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Als der ehrwürdige Atisha in Yerpadrak geblieben ist, in der Nähe von Lhasa, gab er das folgende Moralprinzip:
“Edle Söhne, denkt tief über diese Worte nach. Das Leben im Kalyuga ist kurz und es gibt viel, das verstanden werden muss. Die Dauer des Lebens ist ungewiss;du weißt nicht, wie lange du leben wirst. So müsst ihr euch jetzt anstrengen, um eure richtigen Wünsche zu erfüllen.”
“Verkündet euch öffentlich nicht selbst als einen Mönchen, wenn ihr die Notwendigkeiten des Lebens wie ein Laie erhaltet.Obwohl ihr im Kloster lebt undweltliche Tätigkeiten aufgegeben habt – wenn ihr euch darüber aufregt, was ihr aufgegeben habt, hab ihr kein Recht, öffentlich ‘Ich bin ein Mönch, der in einem Kloster lebt.’ zu verkünden. Wenn euer Geist immer noch im Wunsch für hübsche Dinge beharrt und noch schädliche Gedanken erzeugt, verkündet nicht, ‘Ich bin ein Mönch, der in einem Kloster lebt.’ Wenn ihr euch immer noch daranmacht, mit weltlichen Leuten und Zeit in weltlichen, sinnlosen Gesprächen mit Leuten, mit denen ihr lebt, zu verschwenden, obwohl ihr in einem Kloster lebt, verkündet nicht, ‘Ich bin ein Mönch, der in einem Kloster lebt.’ Wenn ihr geschlossen seid und angeht, euch schmächtig zu fühlen, wenn ihr nicht einmal das mindeste Stückchen hilfsbereit seid anderen gegenüber, verkündet nicht, ‘Ich bin ein Bodhisattva-Mönch.'”
“Wenn du so zu weltlichen Leuten sprichst, bist du ein großer Lügner. Du magst davonkommen mit der Behauptung solcher Dinge. Allerdings kannst du nicht diejenigen täuschen, die die grenzenlose Sicht der Scharfsichtigkeit haben, noch kannst du diejenigen täuschen, die das Dharma-Auge der großen Allwissenheit haben. Auch dich selbst kannst du nicht täuschen, weil die Wirkung des Karma dich verfolgt.”
“Um in einem Kloster zu bleiben ist es notwendig, weltliche Wege und Anhaftungen gegenüber Freunde und Verwandte aufzugeben. Indem ihr auf diese verzichtet, werdet ihr alle zusammenarbeitende Ursachen der Anhaftung und des Verlangens los. Von da an müsst ihr nach dem wertvollen Verstand der Erleuchtung streben. Nicht mal für einen Moment solltet ihr eure alte Sucht mit weltlichen Sorgen erlauben, zu erscheinen. Früher habt ihr das Dharma nicht richtig praktiziert, und unter dem Einfluss von vorigen Gewohnheiten, die eure Kraft entsaftete, habt ihr ständig die Konzepte einer weltlichen Person erzeugt. Weil solche Konzepte vorherrschend sind, außer ihr macht von starken Gegenmitteln Gebrauch, ist es unnütz, in einem Kloster zu bleiben. Ihr wärt wie die Vögel und wilden Tiere, die dort leben.”
“Kurz gesagt, das Verbleiben in einem Kloster ist nicht nützlich, wenn ihr eure Besessenheit für schöne Dinge nicht zurückhaltet und Aktivitäten in diesem Leben nicht aufgebt. Denn wenn ihr diese Neigungen nicht ausschaltet, denkend, dass ihr an beiden Zielen dieses und künftige Leben arbeiten könnt, werdet ihr nichts als nebensächliche, religiöse Praxis durchführen. Diese Art von Praktizieren ist nichts als heuchlerische und anmaßende, für den egoistischen Gewinn getane Praxis.”
“Deshalb solltet ihr immer spirituelle Freunde suchen und schlechte Gesellschaft vermeiden. Legt euch nicht auf einen Ort fest, oder sammelt viele Dinge an. Egal was ihr tut, tut es in Harmonie mit dem Dharma. Lasse was immer du tust eine Abhilfe gegen fesselnde Leidenschaften sein. Dies ist tatsächlich religiöse Praxis; strengt euch an, das zu tun. Obgleich euer Wissen zunimmt, seid nicht besessen vom Dämon des Stolzes.”
“Mit dem Aufenthalt an einem abgelegenen Ort, bringt euch zur Unterwerfung. Habt wenige Wünsche und seid zufrieden. Erfreut euch weder an euren eigenen Wissen, noch sucht die Fehler anderer. Seid nicht ängstlich und besorgt. Hegt gute Absichten und habt keine Vorurteile. Konzentriert euch auf das Dharma, wenn Ihr von den falschen Dingen abgelenkt werdet.”
“Seid bescheiden und wenn ihr es nicht schafft, dann akzeptiert es würdevoll. Gebt das Angebertum auf; verzichtet darauf. Habt immer einen mitfühlenden Geist. Was auch immer ihr tut, tut es in Maßen. Gebt euch leicht zufrieden und seid genauso nachhaltig. Rennt wie ein wildes Tier von allem weg, was auch immer euch einfängt.”
“Bezeichnet euch selbst nicht als heilig, wenn ihr nicht auf die weltliche Existenz verzichtet. Wenn ihr nicht auf Land sowie Landwirtschaft verzichten könnt, dann sagt nicht, dass ihr dem Sangha eingetreten seid. Wenn ihr nicht auf eure Wünsche verzichten könnt, dann bezeichnet euch nicht als Mönch. Wenn ihr keine Liebe und Barmherzigkeit in euch tragt, dann nennt euch nicht Bodhisattva. Wenn ihr nicht auf Aktivitäten verzichten könnt, dann behauptet nicht, dass ihr ein großer Zen Buddhist seid. Schätzt nicht eure Begierden.”
“Um es kurz auszudrücken:Wenn ihr in einem Kloster bleibt, beteiligt euch an wenige AKtivitäten und meditiert nur auf dem Dharma. Habt keinen Grund für Reue zum Zeitpunkt des Todes.”